Militär
Raketenabwehr
Russland
Einleitung
Das Raketenabwehrsystem A-135 Amur [NATO Code: SAM-4] wurde in den 1980er Jahren von der Sowjetunion zum Schutz von Moskau und der zentralen Industrieregion Amur vor Interkontinentalraketen (Intercontinental Ballistic Missile; ICBM) oder Mittelstreckenraketen (Medium Range Ballistic Missile; MRBM) gebaut und ist auch weiterhin in Russland im Einsatz.
Geschichte
Das A-135 ist ein Nachfolger des A-35, dessen Entwicklung 1959 begann und ab 1965 gebaut wurde. Es ist konform mit dem heute nicht mehr bestehenden ABM-Vertrag von 1972 und stellt das russische Äquivalent zu dem amerikanischen Safeguard-System aus den 1970er Jahren dar.
In einer Notiz aus dem Archiv von Witali Katajew, die um 1985 verfasst wurde, sollte das A-135 System 1987 fertiggestellt werden und die Sowjetunion vor einem Angriff mit ein bis zwei modernen und zukünftigen Interkontinentalraketen (Intercontinental Ballistic Missile; ICBM) und bis zu 35 Mittelstreckenraketen (Medium Range Ballistic Missile; MRBM) vom Typ Pershing 2 schützen.
Am 17. Februar 1995, acht Jahre nach der geplanten Fertigstellung und fast vier Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion, erreichte das Raketenabwehrsystem A-135 den Status "alert" (einsatzbereit).
Im Jahr 2018 wurde ein Modernisierungsprogramm gestartet, da aufgrund der vergangenen Jahrzehnte verschiedene Komponenten des Systems technisch und physisch veraltet waren, bei dem eine Reihe von Aktualisierung und Verbesserung am A-135 durchgeführt wurden.
Das System wird von der 9. Abteilung für Raketenabwehr betrieben, die zum Kommando Luftverteidigung und Raketenabwehr der russischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte gehört.
In Zukunft soll das A-135 System durch das neue Raketenabwehrsystem A-235 Nudol (PL-19) ersetzt werden. Die beiden Hauptunterschiede bestehen darin, dass die Raketen wohl nur mit konventionellen Gefechtsköpfen bestückt sind und das System straßenmobil sein wird. Russischen Quellen zufolge, sollte das System bis Ende 2018 in der Umgebung von Moskau stationiert werden und einsatzbereit sein. Der letzte Test wurde allerdings am 2. Dezember 2022 durchgeführt, der aktuelle Status des Programms ist unbekannt.
Abfangraketen
Die zwei verwendeten Raketentypen werden mit einem Transport- und Startbehälter versehen, mit dem sie in den Startschacht gebracht werden. Die Steuerung im Flug erfolgt durch das 5K80 Kommando- und Computerzentrum, das seine Informationen vom 5N20P Don-2H Phased Array Radar erhält. Im Falle eines Ausfalls oder Störung des Steuersignals, sollen Sensoren in der Rakete den Zielanflug eigenständig steuern, allerdings soll in diesem Fall die Wirksamkeit des Abfangvorgangs erheblich abnehmen.
51Т6
Die 51Т6 wurde nach einem zweistufigen Schema gebaut. In der ersten Stufe wurde ein Festtreibstoffmotor verwendet, in der zweiten ein Flüssigtriebwerk. Einigen Informationen zufolge wurde in der zweiten Stufe das gleiche Triebwerk verwendet wie in der А-350 Rakete des А-35 Systems. Sie hatte eine Gesamtlänge von etwa 20 Meter und ein Startgewicht von 30 bis 40 Tonnen (in verschiedenen Quellen werden unterschiedliche Zahlen angegeben). Die Reichweite der Rakete wird auf 350 bis 600 Kilometer geschätzt. Zur zuverlässigen Zerstörung des Ziels war sie mit einem Nukleargefechtskopf ausgestattet. Die Aufgabe dieser Abfangrakete bestand darin, ballistische Ziele in großer Höhe zu zerstören.
Im Jahr 2003 wurden alle Abfangraketen dieses Typs ausgesondert und im Februar 2007 deren Abschussbasen in Sergiyev-Posad und Naro-Fominsk deaktiviert. Es wird angenommen, dass eine neue Abfangrakete (PRS-1M) an ihre Stelle treten soll und beide Basen wieder reaktiviert werden.
53Т6
Die 53Т6 ist für das Abfangen ballistischer Raketen nach deren Eintritt in die Erdatmosphäre bestimmt. Diese Hochgeschwindigkeitsrakete hat ein spezielles Design, denn ihr Körper ist in Form eines länglichen Kegels ausgeführt. Sie ist mit einem Feststofftriebwerk ausgestattet, das eine Fluggeschwindigkeit von 3.500 bis 4.000 m/s ermöglicht (nach anderen Quellen auch bis zu 5.000 m/s). Sie hatte eine Gesamtlänge von etwa 12 Meter und die Startmasse übersteigt 9,6 Tonnen. Nach verschiedenen Quellen ist das Raketenabwehrsystem in der Lage, Ziele in einer Entfernung von bis zu 100 km und einer Höhe von bis zu zehn Kilometern zu zerstören. Die Abfangrakete kann entweder mit einem hochexplosiven Splittergefechtskopf (HE-FRAG) oder nuklearem Gefechtskopf ausgestatte werden.
Anfang der 2000er Jahre sollen alle Abfangraketen umfassend modernisiert worden sein. Dabei sollen auch die nuklearen Gefechtsköpfe gegen konventionelle Splittergefechtskopf ausgetauscht worden sein.
Abschussbasen
Zwei Basen mit 32 Abschussrampen für die exoatmosphärische Langstrecken-Abfangrakete vom Typ 51T6 [NATO Code: SH-11 Gorgon] wurden 2007 deaktiviert.
Fünf Basen mit 68 Abschussrampen für endoatmosphärische Kurzstrecken-Abfangraketen vom Typ 53T6 [NATO Code: SH-08 Gazelle] sind aktuell aktiv.
Nr | Name | Position | Status | Anzahl | Typ | Anmerkung |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Sofrino | 40 km nordöstlich von Moskau | active | 12 | 53T6 | ebenfalls Standort des Don-2H Radars |
2 | Korolyov | 20 km südöstlich von Moskau | active | 12 | 53T6 | |
3 | Lytkarino | 30 km südöstlich von Moskau | active | 16 | 53T6 | |
4 | Wnukowo | 30 km südwestlich von Moskau | active | 12 | 53T6 | |
5 | Skhodnya | 12 km nordwestlich von Moskau | active | 16 | 53T6 | |
6 | Naro-Fominsk | 70 km südwestlich von Moskau | deactivated | 16 | 51T6 | wurde auch für das A-35 System genutzt |
7 | Sergiev Posad | 71 km nordöstlich von Moskau | deactivated | 16 | 51T6 | wurde auch für das A-35 System genutzt |
Stand: Mai 2024
Befehls- und Rechenzentrum
Das 5K80 Befehls- und Rechenzentrum sollte anfangs mit dem Computersystem Elbrus-1 ausgestattet werden. Das System ermöglichte die Verarbeitung von Informationen des Don-2H Radars, die Verfolgung ballistischer und weltraumgestützter Ziele und die Bestimmung ihrer Priorität. Das Computersystem war in der Lage, alle Operationen automatisch durchzuführen, einschließlich des Starts von Abfangraketen und der Kontrolle ihrer Steuerung.
Das Nachfolgemodell Elbrus-2 befand sich 1978 bereits auf dem Reißbrett, gleich nachdem der Prototyp des Elbrus-1 in Betrieb war. Der Elbrus-2 war eindeutig das, was man sich ursprünglich unter einem Hochleistungscomputer vorstellte.
Dieses Ziel wurde durch den Wechsel von der langsameren TTL-Technologie zur schnellen ECL-Logik und die Einführung von Halbleiterspeicher erreicht. Das Elbrus-2 hatte einen fünffachen Taktvorteil gegenüber seinem Vorgänger, war aber aufgrund einiger neuer Befehle, die insbesondere wissenschaftliche Berechnungen beschleunigten, tatsächlich zehnmal so schnell. Im Vergleich zu einem zeitgenössischen westlichen Supercomputer, dem Cray X-MP, war die Leistung des Elbrus-2 bei einer Mischung von Anwendungen gleich hoch, wenn man die Unterschiede bei der Taktfrequenz berücksichtigte (der Cray war fünfmal schneller getaktet).
Doch selbst mit der anspruchsvollsten elektronischen Ausrüstung konnte das Computersystem Elbrus-2 der Station nur auf eine Größe von mehr als tausend Schränken reduziert werden. Um eine solche Menge an Elektronik zu kühlen, musste ein spezielles System mit Wasserleitungen und Wärmetauschern vorgesehen werden. Die Gesamtlänge aller Leitungen betrug mehrere hundert Kilometer. Für die Verbindung aller Elemente der Radaranlage waren etwa 20.000 Kilometer Kabel erforderlich.
Gefechtsführungsradar
Das Gefechtsführungsradar 5N20 Don-2H [NATO Code: Pill Box] soll den Weltraum über Russland und den Nachbarländern überwachen, sowie ankommende ballistische Raketen aufspüren und deren Zerstörung sicherstellen.
Der Bau begann Mitte 1972 und nur ein Vierteljahrhundert später erreichte die neue multifunktionale Radarstation Don-2Н im Jahr 1989 den Status "alert" (einsatzbereit).
Das Radar hat die Form eines tetraedrischen Pyramidenstumpfes mit einer Basisbreite von etwa 130 m und einer Höhe von etwa 35 m. Auf jeder Seite des Bauwerks befinden sich charakteristische runde und quadratische Tafeln, hinter denen sich vier aktive phasengesteuerte Antennengruppen mit einem Durchmesser von 18 m befinden.
Offenen Angaben zufolge ist das Radar in der Lage, Ziele in Höhen von bis zu 40.000 km zu erkennen. Die Zielerfassungsreichweite des Kopfes einer Interkontinentalrakete beträgt etwa 3.700 km. Die Radarsender sind in der Lage, ein gepulstes Signal mit einer Leistung von bis zu 250 MW zu liefern. Phasengesteuerte Antennengruppen und ein Computerkomplex ermöglichen die Bestimmung der Winkelkoordinaten des Ziels mit einer Genauigkeit von etwa 25 bis 35 Winkelsekunden. Die Entfernungsgenauigkeit beträgt etwa 10 m. Nach verschiedenen Angaben kann das Don-2Н bis zu Hunderte von Objekten begleiten und bis zu mehreren Dutzend Abfangraketen auf sie abfeuern.
Das Radar erhält ebenfalls Daten aus dem breiteren russischen Frühwarnradarnetz, die es ebenfalls für den Einsatz von Abfangraketen nutzt.
Frühwarnradarnetz
Für das A-135 wurde noch zu Zeiten der Sowjetunion, ein großes Frühwarnradarnetz zur Fernüberwachung des Luftraums gegen Angriffe durch ballistische Raketen und Überwachung von Flugzeugen gebaut. Ab 1989 werden die gewonnen Daten umgehend an das Gefechtsführungsradar Don-2H weitergeleitet.
Die aus der sowjetischen Zeit stammenden Radare vom Typ Dnestr / Dnepr, sollten ab den 1990er Jahren durch das neuer Daryal Radar ersetzt werden. Aufgrund von technischen Problemen und der Auflösung der Sowjetunion 1991, wurden nur zwei der geplanten acht Radare der zweiten Generation, dem Daryal, gebaut.
Im Jahr 2012 bestand das russische Frühwarnnetz noch immer aus einigen Radaren aus den 60er, 70er und 80er Jahren. Vermutlich aufgrund der geringen Anzahl und dem Alter der existierenden Radare, wurde das 1986 in Belarus begonnene Radar doch fertig gebaut und 2003 in der Version Volga in Betrieb genommen.
Es wird angenommen, dass alle vorhandenen Radare älterer Bauart bis 2020 durch die dritte Generation, dem Voronezh, ersetzt werden sollen.
Generation | Zeitraum | Typ | geplant | im Bau | gebaut | aktiv | Kosten |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | 1960er und 1970er | 5N15 Dnestr 5N15M Dnestr-M 5N86 Dnepr | 15 | 15 | 4 | ca. 55,0 Mrd US-Dollar (Stand 30.05.2024) | |
2 | 1980er und 1990er | 5N79 Daryal 90N6 Daryal-U 90N6 Daryal-UM 5U83 Daugava Volga | 9 | 5 | 3 | ca. 217,8 Mrd US-Dollar (Stand 30.05.2024) | |
3 | ab 2000 | Voronezh-M Voronezh-DM Voronezh-VP Voronezh-SM | 10 | 2 | 7 | 7 | ca. 31,3 Mrd US-Dollar (Stand 30.05.2024) ca. 47,3 Mrd US-Dollar (Stand 30.05.2024) |
Stand: Mai 2024
Dnestr / Dnepr
Das Radar vom Typ Dnestr [NATO Code: Hen House] geht auf Arbeiten zur Abwehr ballistischer Raketen zurück, die in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren durchgeführt wurden. Für die Signalverarbeitung wurden Hardwaremethoden entwickelt, da der vorgesehene M-4 Computer mit den Signalen nicht umgehen und diese verarbeiten konnte.
Das Radar ist eine 250 m lange und 12 m breite Doppelsektor-Hornantenne mit zwei Reihen von Schlitzstrahlern in zwei Hohlleitern und einer offenen Rippenstruktur. An jedem Ende der beiden Arrays befindet sich eine Sende- und Empfangsanlage. Es sendet ein Signal aus, das einen Sektor von 30 Grad in Azimut und 30 Grad in Elevation abdeckt, wobei die Abtastung durch die Frequenz gesteuert wird. Bei vier Geräten deckt das Radar 120 Grad in Azimut und 30 Grad in Elevation (5 bis 35 Grad) ab.
Die Reichweite beträgt 3.000 km und bei Zielen mit einer Fläche von 1 m² maximal 1.900 km. Das System ist ein VHF-System, das bei einer Wellenlänge von 154 bis 162 MHz arbeitet.
Die Version Dnestr ist 14 Meter hoch, ist mit einem Polarisationsfilter ausgestattet und wurde für die Weltraumüberwachung konzipiert.
Die Version Dnepr hingegen ist 20 Meter hoch und soll als Frühwarnradar (Early Warning Radar; EWR) Angriffe durch ballistische Raketen erkennen.
Benennung | Standort | Typ | Bau | Status |
---|---|---|---|---|
OS-1 | Irkutsk, Siberia, Russia | 5N15 Dnestr | 1964 - 1968 | operational modernised to an incoherent scatter radar; used for research since 1993 |
5N15 Dnestr | 1964 - 1968 | decommissioned 1990; dismantled | ||
5N15M Dnestr-M | 1964 - 1970 | dismantled 1970; replaced by Dnepr radar | ||
5N15M Dnestr-M | 1967 - 1972 | operational modernised to Dnepr 1976 | ||
5N86 Dnepr | 1972 - 1976 | operational | ||
OS-2 | Balkhash (Sary Shagan), Kazakhstan | 5N15 Dnestr | 1964 - 1967 | decommissioned 1984; dismantled |
5N15 Dnestr | 1964 - 1967 | decommissioned 1995; dismantled | ||
5N15M Dnestr-M | 1964 - 1971 | decommissioned 1984; dismantled | ||
5N15M Dnestr-M | 1964 - 1971 | decommissioned 1988; dismantled | ||
5N86 Dnepr | 1968 - 1972 | decommissioned 2020 | ||
RO-1 | Olenegorsk, Oblast Murmansk, Russia | 5N15M Dnestr-M | 1965 - 1968 | operational modernised to Dnepr 1978; works as transmitter for the Daugava radar |
RO-2 | Skrunda, Latvia | 5N15M Dnestr-M | 1965 - 1969 | modernised to Dnepr 1979; Demolished 1999 |
5N86 Dnepr | 1968 - 1976 | demolished 1999 | ||
RO-4 | Sevastopol, Crimean Peninsula | 5N86 Dnepr | 1968 - 1979 | closed 2009; derelict? |
RO-5 | Mukachevo, Oblast Zakarpattia, Ukraine | 5N86 Dnepr | 1968 - 1979 | closed 2009; derelict? |
Stand: Mai 2024
Daryal
Das Radar vom Typ Daryal [NATO Code: Pechora] ist ein sowjetisches bistatisches Frühwarnradar (Early Warning Radar; EWR).
Es besteht aus zwei separaten großen aktiven Phased Array Antennen, die zwischen 500 bis 1.500 Meter voneinander entfernt sind. Die Sendergruppe ist 40 × 40 m groß und hat 1.260 Module mit einer Leistung von jeweils 300 kW. Der Empfänger ist 100 × 100 m groß und verfügt über 4.000 Kreuzdipole. Das System ist ein VHF-System, das bei einer Wellenlänge von 150 bis 200 MHz arbeitet. Die anfängliche Sendekapazität betrug 50 MW mit einer Zielkapazität von 350 MW. Das Radar soll eine Reichweite von 6.000 km haben, 20 Objekte gleichzeitig verfolgen können und mindestens gegen vier Störquellen resistent sein.
Benennung | Standort | Typ | Bau | Status |
---|---|---|---|---|
Hantsavichy, Oblast Brest, Belarus | Volga | 1986 - 2003 | operational | |
OS-1 | Irkutsk, Siberia, Russia | 90N6 Daryal-U | 1979 - 1984 | demolished 2011 |
OS-2 | Balkhash (Sary Shagan), Kazakhstan | 90N6 Daryal-U | 1984 - 1992 | receiver destroyed by fire 2004; ruined 2010 |
OS-3 | Krasnoyarsk, Sibiria, Russia | 90N6 Daryal-U | 1983 - 1987 | halted in 1989; dismantled |
RO-1 | Olenegorsk, Oblast Murmansk, Russia | 5U83 Daugava | 1975 - 1977 | operational uses Dnepr radar as transmitter |
RO-2 | Skrunda, Latvia | 90N6 Daryal-UM | 1986 - 1991 | demolished 1995 |
RO-5 | Mukachevo, Oblast Zakarpattia, Ukraine | 90N6 Daryal-UM | 1986 - 1991 | demolished 2011 |
RO-7 | Qabala, Azerbaijan | 5N79 Daryal | 1977 - 1985 | halted 2012; status unknown |
RO-30 | Pechora, Republic Komi | 5N79 Daryal | 1975 - 1984 | operational |
Stand: Mai 2024
Voronezh
Das Radar vom Typ Voronezh ist die aktuelle Generation russischer Frühwarnradare (Early Warning Radar; EWR), die den Luftraum über große Entfernungen auf ballistische Raketenangriffe überwachen und Flugzeuge beobachten.
Sie werden als hochgradig vorgefertigt beschrieben, was bedeutet, dass die Radare innerhalb von Monaten statt Jahren aufgebaut werden können und weniger Personal benötigen als frühere Generationen. Außerdem sind sie modular aufgebaut, so dass ein Radar bereits während des Baus (teilweise) in Betrieb genommen werden kann.
Voronezh-M (77Ya6-M) nutzt eine planare Phased Array Antenne und ist ein VHF-System, das bei einer Wellenlänge von 150 bis 200 MHz arbeitet. Das Radar hat eine Reichweite von 100 bis 4.000 km, kann 500 Objekte gleichzeitig verfolgen und hat eine Messgenauigkeit von 11 Metern.
Voronezh-DM (77Ya6-DM) nutzt eine planare Phased Array Antenne und ist ein UHF-System, das bei einer Wellenlänge von 430 bis 440MHz arbeitet. Das Radar hat eine Reichweite von 100 bis 6.000 km, kann 500 Objekte gleichzeitig verfolgen und hat eine Messgenauigkeit von 11 Metern.
Voronezh-VP (77Ya6-VP) arbeitet im VHF-Bereich. Der einzige gebaute Sender hat 6 Segmente anstelle der 3 des Voronezh-M. Das Radar hat eine Reichweite von 100 bis 6.000 km, kann 500 Objekte gleichzeitig verfolgen und hat eine Messgenauigkeit von 11 Metern.
Standort | Typ | Aktiv | Status |
---|---|---|---|
Lekhtusi, Oblast Leningrad, Russia | Voronezh-M | ab 2012 | operational closes the surveillance gap created by the loss of the radar in Skrunda (Latvia) in 1995 |
Dunayevka, Oblast Kaliningrad, Russia | Voronezh-DM | ab 2014 | operational |
Armavir, Krasnodar Krai, Russia | Voronezh-DM | ab 2015 | operational attacked by Ukrainian drone on 22 May 2024; impact unknown |
Irkutsk, Siberia, Russia | Voronezh-VP | ab 2015 | operational replaces a Dnepr and Daryal-U radar that were demolished |
Krasnoyarsk, Sibiria, Russia | Voronezh-DM | ab 2017 | operational |
Barnaul, Altai Krai, Russia | Voronezh-DM | ab 2017 | operational |
Orsk, Oblast Orenburg, Russia | Voronezh-M | ab 2017 | operational attacked by Ukrainian drone on 26 May 2024; distance to the Ukrainian border 1.500 km; impact unknown |
Vorkuta, Republic Komi | Voronezh-M | under construction replace the current Daryal radar | |
Olenegorsk, Oblast Murmansk, Russia | Voronezh-VP | under construction replace the current Dnestr and Daugava radar | |
Sevastopol, Crimean Peninsula | Voronezh-SM | planned |
Stand: Mai 2024
Raketenschutzschild
Abgesehen von der Hauptstadt Moskau, hat sich Russland aktiv um die Abwehrfähigkeiten seiner Systeme neuerer Bauart bemüht. Die bodengestützte Abwehr von Kurz- und Mittelstreckenraketen (Theatre Ballistic Missile; TBM) und Marschflugkörper (Cruise Missile) konzentriert sich auf die in Betrieb befindlichen Systeme.
Das A-135 System, das Gefechtsköpfe mit einer Geschwindigkeit von 5.000 m/s abfangen soll, kann als Punktsystem gegen einfache Langstreckenraketen und Interkontinentalraketen eingesetzt werden, die eine typische Wiedereintrittsgeschwindigkeit von 7.000 m/s haben.
Das S-400 Triumf bildet eine Brücke zwischen dem A-135 und den älteren S-300 Systemen. Es soll in der Lage sein, einen Mehrfachangriff von Langstreckenraketen oder Interkontinentalraketen abzuwehren, kann aber ebenfalls Mittelstreckenraketen, luftgestützte ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpfen.
Das verbesserten Systeme S-300VM und S-300VMK sind in der Lage Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 2.500 km und einer Wiedereintrittsgeschwindigkeit von 4.500 m/s, luftgestützte ballistische Raketen und Marschflugkörper abzufangen.
Zum Abfangen von Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite bis zu 800 km und einer Geschwindigkeit von 1.500 m/, sind die Systeme S-300PMU1 und PMU2 vorgesehen.
Stufe | Abwehrsystem | Jahr | Bereich | Angriffsart |
---|---|---|---|---|
1 | A-135 Amur [NATO Code: SAM-4] | 1998 | mittlere bis große Entfernung | Intercontinental Ballistic Missile (ICBM) Intermediate Range Ballistic Missile (IRBM) Medium Range Ballistic Missile (MRBM) |
2 | S-400 Triumf [NATO Code: SA-21 Growler] | 2007 | mittlere bis große Entfernung | Intercontinental Ballistic Missile (ICBM) Intermediate Range Ballistic Missile (IRBM) Medium Range Ballistic Missile (MRBM) Air-launched Ballistic Missile (ALBM) Cruise Missile |
3 | S-300VMK [NATO Code: SA-23A/B Gladiator] | 2014 | mittlere Entfernung | Medium Range Ballistic Missile (MRBM) Air-launched Ballistic Missile (ALBM) Cruise Missile |
S-300VM [NATO Code: SA-23A/B Gladiator] | 1988 | mittlere Entfernung | Medium Range Ballistic Missile (MRBM) Air-launched Ballistic Missile (ALBM) Cruise Missile | |
4 | S-300PMU2 Favorit [NATO Code: SA-20B Gargoyle] | 1997 | kurze Entfernung | Short Range Ballistic Missile (SRBM) Cruise Missile |
S-300PMU1 [NATO Code: SA-20A Gargoyle] | 1993 | kurze Entfernung | Short Range Ballistic Missile (SRBM) Cruise Missile | |
5 | S-300P Angara [NATO Code: SA-10 Grumble] | 1978 | kurze Entfernung | Battlefield Range Ballistic Missile (BRBM) Cruise Missile |
Ergänzende Artikel
Hintergrundwissen • Deutschland • Israel • NATO • Vereinigte Staaten • EPAA