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Lexikon

Militär

Raketenabwehr Hintergrundwissen

Die Raketenabwehr (Missile Defense) umfasst Technologien und Waffensysteme zum Aufspüren, Verfolgen und Zerstören feindlicher ballistischer Raketen. Ursprünglich zur Verteidigung gegen nuklear bewaffnete Interkontinentalraketen (ICBM) gedacht, hat sich das Einsatzgebiet auf nicht-nukleare taktische und Theaterraketen mit geringerer Reichweite ausgeweitet.

Geschichte

In den 1950er Jahren bedeutete Raketenabwehr die Verteidigung gegen strategische (in der Regel atomar bewaffnete) Raketen. Die Technologie konzentrierte sich hauptsächlich auf die Erkennung von offensiven Starts und die Verfolgung ankommender ballistischer Raketen, wobei die Fähigkeit zur tatsächlichen Abwehr der Rakete begrenzt war.

Während des Kalten Krieges wurde die Raketenabwehr immer weiter vorangetrieben und effektiver. Es existierten Abwehrsysteme mit antiballistische Raketen (Anti-ballistic Missile; ABM) sowohl in der Sowjetunion als auch in den USA. Diese waren zum Schutz der Hauptstädte bzw. der Raketensilos konzipiert.

Verschiedene technische, wirtschaftliche und politische Gründe führten dann zum ABM-Vertrag von 1972, der die Stationierung von strategischen Abwehrsystemen einschränkte, nicht jedoch von taktischen wie die Patriot oder S-400. Unter dem ABM-Vertrag und seiner Überarbeitung im Jahre 1974 war es jedem Land erlaubt, ein Raketenabwehrsystem mit 100 Abfangraketen zu besitzen, um ein einzelnes Ziel zu beschützen.

Der Vertrag wurde am 13. Juni 2002 von den USA aufgekündigt und die Kündigung trat nach der vorgeschriebenen Frist von sechs Monaten in Kraft. Damit war es möglich, die von Bill Clinton (42. Präsident der USA) ins Leben gerufene Abwehr gegen eine begrenzte Anzahl ballistischer Raketen aufzubauen, was durch diesen Vertrag verboten war.

Kategorien

Die Raketenabwehr lässt sich in verschiedene Kategorien einteilen, die auf unterschiedlichen Merkmalen beruhen.

1  Art und Reichweite der abzufangenden Rakete

Zu dieser Kategorie gehören strategische, Theater und taktische Raketen. Jeder dieser Raketentypen stellt besondere Anforderungen an die eingesetzten Systeme. Oft kann ein Abwehrsystem nur einen bestimmten Typ abfangen, allerdings gibt es manchmal Überschneidungen bei den Fähigkeiten.

1.1  Strategische Raketen

Interkontinentalrakete (Intercontinental Ballistic Missile; ICBM) oder Langstreckenraketen (Intermediate Range Ballistic Missile; IRBM), die mit einer Geschwindigkeit von etwa 7 km/s fliegen.

Das A-135 in Russland soll Moskau und die zentrale Industrieregion Amur verteidigen, wohingegen das Ground-Based Midcourse Defense System (GMD) die USA vor feindlichen Raketen schützten soll. Die geografische Reichweite der strategischen Verteidigung kann also regional (russisches System) oder national (amerikanisches System) sein.

Aktuelle Abfangraketen  IsraelArrow 3
  USAGround-based Interceptor (GBI) • SM-3 Block IA/IB/IIA
  RusslandA-135 [NATO Code: SAM-4]
1.2  Theater Raketen

Mittelstreckenraketen (Medium Range Ballistic Missile; MRBM) und Kurzstreckenraketen (Short Range Ballistic Missile; SRBM), die mit einer Geschwindigkeit von etwa 3 km/s oder weniger fliegen.

In diesem Zusammenhang bezeichnet der Begriff Einsatzgebiet die gesamte Region, in der militärische Operationen durchgeführt werden, meist ein Radius von mehreren hundert Kilometern. Die Verteidigungsreichweite von Abwehrsystemen liegt in der Regel in dieser Größenordnung.

Aktuelle Abfangraketen  IsraelArrow 2David's Sling
  USATHAADSM-2 Block IVSM-6 Block IA
  RusslandS-400 [NATO Code: SA-21 Growler]
1.3  Taktische Raketen

Gefechtsfeldraketen (Battlefield Range Ballistic Missile; BRBM), die in der Regel mit einer Geschwindigkeit von weniger als 1,5 km/s fliegen.

Die Verteidigungsreichweite von Flugabwehrsystemen liegt in der Regel zwischen 20 bis 80 km.

Aktuelle Abfangraketen  IsraelIron Dome
  USAPatriot PAC-3
  RusslandS-300V [NATO Code: SA-12A Giant / SA-12B Gladiator]
2  Flugbahnphase in der der Abfangvorgang erfolgt

Ballistische Raketen können in drei Bereichen ihrer Flugbahn abgefangen werden: in der Startphase, in der mittleren Flugphase und in der Endphase.

2.1  Boost phase (Startphase)

Der Abfangvorgang der Rakete erfolgt während der Startphase über dem Startgebiet.

Vorteile
  • helle und heiße Raketenabgase erleichtern das Aufspüren und anvisieren
  • während der Startphase können keine Täuschkörper (Ballon) verwendet werden
  • in dieser Phase ist die Rakete mit brennbarem Treibstoff gefüllt und macht sie sehr anfällig für Splittergefechtsköpfe
Nachteile
  • schwierige geografische Positionierung der Abfangraketen
    (nicht immer möglich, ohne feindliches Gebiet zu überfliegen)
  • sehr kurzes Zeitfenster für einen Abfangvorgang
    (etwa 180 Sekunden)
Aktuelle Abfangraketen  USATHAAD • SM-2 Block IV • SM-6 Block IA
2.2  Midcourse phase (mittlere Flugphase)

Der Abfangvorgang erfolgt nach dem Ausbrennen der Rakete im Weltraum.

Vorteile
  • längere Entscheidungs- und Abfangzeit
    (die Flugzeit durch den Weltraum vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre kann mehrere Minuten betragen, bei einer ICBM bis zu 20 Minuten)
  • sehr große geografische Verteidigungsabdeckung
    (potenziell kontinental)
Nachteile
  • große und schwere Abfangraketen erforderlich
  • hochentwickeltes und leistungsstarkes Radar notwendig
  • muss eventuell durch weltraumgestützte Sensoren ergänzt werden
  • die Sensoren der Abfangraketen müssen mit potenziellen Täuschkörpern (Ballon) umgehen können
Aktuelle Abfangraketen  IsraelArrow 3 • David's Sling
  USAGround-based Interceptor (GBI) • SM-3 Block IA/IB/IIA
  ChinaSC-19 • DN Serie
2.3  Terminal phase (Endphase)

Der Abfangvorgang der Rakete erfolgt nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre.

Vorteile
  • nur kleine und leichte Abfangraketen erforderlich
  • kleines und weniger anspruchsvolles Radar ausreichend
  • Täuschkörper (Ballon) funktionieren nicht beim Wiedereintritt
Nachteile
  • sehr kurze Abfangzeit
    (möglicherweise weniger als 30 Sekunden)
  • begrenzte geografische Verteidigungsabdeckung
  • mögliche Belastung des Zielgebiets mit gefährlichen Stoffen im Falle der Detonation eines oder mehrerer nuklearen Gefechtsköpfe
Aktuelle Abfangraketen  DeutschlandPatriot PAC-3
  IsraelArrow 2 • MR-SAM
  USAPatriot PAC-3 • THAAD • SM-2 Block IV • SM-6 Block IA
  Russland53T6 [NATO Code: SH-08 Gazelle]
3  Abfangstelle relativ zur Erdatmosphäre

Die Raketenabwehr kann entweder innerhalb (endoatmosphärisch) oder außerhalb (exoatmosphärisch) der Erdatmosphäre stattfinden. Die Flugbahn der meisten ballistischen Raketen führt sie innerhalb und außerhalb der Erdatmosphäre, so dass sie an beiden Orten abgefangen werden können.

3.1  Exoatmospheric
Vorteile
  • weniger Abfangraketen eines sehr großen geografischen Verteidigungsabdeckung erforderlich
  • lange Entscheidungs- und Verfolgungszeit
Nachteile
  • große und schwerere Abfangraketen erforderlich
  • schwer zu transportieren oder stationieren
    (im Vergleich zu kleineren Abwehrraketen)
  • die Sensoren der Abfangraketen müssen mit potenziellen Täuschkörpern (Ballon) umgehen können
Aktuelle Abfangraketen  IsraelArrow 3
  USAGround-based Interceptor (GBI)
3.2  Endoatmospheric
Vorteile
  • kleine und leichte Abfangraketen
  • leicht zu transportieren und stationieren
  • Täuschkörper (Ballon) der feindlichen Rakete funktionieren nicht
Nachteile
  • begrenzte Entscheidungs- und Verfolgungszeit
  • begrenzte Reichweite und geografische Verteidigungsabdeckung
Aktuelle Abfangraketen  DeutschlandPatriot PAC-3
  IsraelArrow 2 • MR-SAM
  USAPatriot PAC-3 • THAAD • SM-2 Block IV • SM-6 Block IA
  IndienAdvanced Air Defence (AAD)
  Russland53T6 [NATO Code: SH-08 Gazelle]

Gegenmaßnahmen zur Raketenabwehr

In Anbetracht der immensen Vielfalt, mit der ein Raketenabwehrsystem operieren kann, gibt es einige wirksame exoatmosphärische (außerhalb der Erdatmosphäre) Gegenmaßnahmen, die eine angreifende Partei zur Abschreckung oder zur vollständigen Abwehr bestimmter Arten von Abfangraketen und Abfangstandorten einsetzen kann.

Viele dieser Gegenmaßnahmen wurden bereits umgesetzt und bei der Entwicklung und Konstruktion von Raketenabwehrsystemen und deren Abfangraketen berücksichtigt, was jedoch keine Garantie für deren Wirksamkeit oder Erfolg ist.

Die Missile Defense Agency (MDA) der USA wurde wegen ihrer mangelnden Voraussicht in Bezug auf diese Gegenmaßnahmen unter die Lupe genommen, was viele Wissenschaftler dazu veranlasste, verschiedene Studien und Datenanalysen über die tatsächliche Wirksamkeit dieser Gegenmaßnahmen durchzuführen.

Täuschkörper (Decoys)

Eine der gängigsten Gegenmaßnahme um die Wirksamkeit von Raketenabwehrsystemen zu stören, ist der gleichzeitige Abschuss von Täuschkörpern. Bei diesen handelt es sich in der Regel um kleine, leichte Blindgänger, die die Sensoren der Abfangrakete täuschen sollen, indem sie viele verschiedene Ziele verfügbar machen. Da Objekte mit unterschiedlichem Gewicht im Weltraum der gleichen Flugbahn folgen, können Täuschkörper die in der mittleren Flugphase (Midcourse phase) freigesetzt werden dadurch verhindern, dass die Abfangraketen den Gefechtskopf genau identifizieren. Damit könnte das Abwehrsystem dazu gezwungen werden, zu versuchen alle sichtbaren Ziele zu zerstören, wodurch die eigentlich angreifende Rakete versteckt werden und dem Abwehrsystem möglicherweise entgehen kann.

Gekühlte Abdeckungen (Cooled shrouds)

Eine weitere Gegenmaßnahme zur Täuschung von Raketenabwehrsystemen sind gekühlte Ummantelungen der angreifenden Raketen. Bei dieser Methode wird die gesamte Rakete von einer Stahlkapsel umhüllt, die mit flüssigem Sauerstoff, Stickstoff oder anderen Kühlmitteln unter Null gefüllt ist und dadurch verhindert, dass die Rakete leicht entdeckt werden kann. Da viele Raketenabwehrsysteme Infrarotsensoren verwenden, um die Wärmespuren ankommender Raketen zu erkennen, macht diese Kapsel mit extrem kalter Flüssigkeit die ankommende Rakete entweder völlig unsichtbar oder verringert die Fähigkeit des Abwehrsystems, die ankommende Rakete schnell genug zu erkennen.

Beschichtung (Coating material)

Eine andere Gegenmaßnahme zur Täuschung von Raketenabwehrsystemen ist das Aufbringen von Beschichtungen mit geringem Emissionsgrad. Ähnlich wie bei den Kühlmänteln werden die Gefechtsköpfe vollständig mit infrarotreflektierenden oder -resistenten Beschichtungen versehen, die einen ähnlichen Widerstand gegen die Infrarotdetektion ermöglichen wie die Kühlmäntel. Da die wirksamste bisher entdeckte Beschichtung jedoch Gold ist, wird diese Methode im Gegensatz zur gekühlten Abdeckung selten verwendet.

Dynamische Flugbahn (Dynamic trajectories)

Länder wie Russland, Iran und Nordkorea haben möglicherweise Raketen entwickelt, die durch manövrieren ihre Flugbahn verändern können, um dadurch Raketenabwehrsystemen zu entgehen.

Als Russland im März 2022 die Kh-47M2 Kinzhal (Air-Launched Ballistic Missile; ALBM) gegen die Ukraine einsetzte, bezeichnete Joe Biden die Waffe als "fast unmöglich zu stoppen". Hyperschallwaffen mit Gleitphase ändern ihre Flugbahn, um den aktuellen Raketenabwehrsystemen zu entgehen.

Störsender (Jammer)

Störsender verursachen Radarrauschen, um die eingehenden Signale so weit zu sättigen, dass das Radar keine aussagekräftigen Daten über den Standort eines Ziels mit bedeutungslosem Rauschen erkennen kann. Sie können auch das Signal einer Rakete imitieren, um ein falsches Ziel zu erzeugen. Sie werden in der Regel über geplante Raketenrouten in feindliches Gebiet gestreut, um den Raketen einen klaren Weg zu ihrem Ziel zu geben. Da diese Störsender relativ wenig Strom und Hardware für ihren Betrieb benötigen, sind sie in der Regel klein, eigenständig und leicht zu verbreiten.

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